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Channel: Personenverkehr – Zukunft Mobilität
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[Kurz erklärt] Was ist der Modal Split und was sagt er aus?

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Der Modal Split (auch Modal Share genannt) ist eine Kenngröße zur Aufteilung der Verkehrsnachfrage auf verschiedene Verkehrsmittel.1 Er stellt die prozentuale Verteilung des Verkehrsaufkommens (Wege, Tonnen) oder der Verkehrsleistung (Personenkilometer, Tonnenkilometer) differenziert nach den Verkehrsmitteln dar. Er gibt somit die Anteile der einzelnen Verkehrsarten an den gesamten zurückgelegten Kilometern oder den pro Tag unternommenen Wegen wieder.

Zudem dient er im Rahmen der Verkehrsplanung, welche die verkehrlichen Auswirkungen von infrastrukturellen Änderungen, verkehrstechnischen Änderungen sowie Änderungen der Raumstruktur prognostiziert und analysiert und im klassischen Modell aus vier Stufen besteht (Verkehrserzeugung, -verteilung, -aufteilung und -umlegung) der Aufteilung von Verkehrsströmen auf die verschiedenen Verkehrsmittel oder Modi k.

Bei der Bestimmung des Modal Split werden Personenverkehr und Güterverkehr (Tonnenkilometer) separat betrachtet.

Modal Split Bundesländer Deutschland 2008 MiD
Beispiel: Der Modal Split im Personenverkehr nach Bundesländern – Quelle: Lenz, Barbara; Nobis, Claudia; Köhler, Katja; Mehlin, Markus; Follmer, Robert; Gruschwitz, Dana; Jesske, Birgit; Quandt, Sylvia 2010: Mobilität in Deutschland 2008. DLR-Forschungsbericht, Projektbericht, S. 44

Angaben zum Modal Split werden häufig ohne weitere Angaben wie bspw. die Bezugsgröße publiziert. Viele Kommunen setzen sich Ziele im Verkehrsbereich, die über eine veränderte Zusammensetzung des Modal Splits oder über die Formulierung von Zielwerten wie bspw. einen Anteil des nicht-motorisierten Verkehrs (Radfahren und Gehen) am Gesamtverkehrsaufkommen von 40 % definiert werden.

Häufig werden die Modal Split-Werte verschiedener Städte direkt miteinander verglichen. Aufgrund der unterschiedlichen Art und zeitlichen Abfolge der Datenerhebungen, unterschiedlichen Stichproben- und Befragungstechniken, Definitionen, Zuschnitten der Erhebungsgebiete und anderen methodischen Unterschieden sind die Daten jedoch nur bedingt vergleichbar. Daher sollte auf direkte Vergleiche oder gar Rankings verzichtet werden.

Wegetagebuch Wegeprotokoll SrV 2013 Methoden
Ausfüllbeispiel eines Merkblatts zur Wegeprotokollierung – Grafik: SrV 2013: Methodenbericht, S. 55

Im Personenverkehr werden die notwendigen Daten häufig im Rahmen von Zählungen oder Befragungen erhoben. Dies geschieht bspw. durch die Auswertung von Wegetagebüchern, die von einzelnen Personen oder Haushalten über einen vorab definierten Zeitraum geführt wurden (Beispiel: Deutsches Mobilitätspanel). In Zukunft dürften zudem vermehrt Smartphone-Anwendungen o.ä. zum Einsatz kommen und die Nutzung einzelner Verkehrsmodi automatisch aufzeichnen.

InnoZ Tracks Kartenanwendung
Ein Beispiel für eine derartige Anwendung (Screenshot aus 2014): InnoZ tracks, heute modalyzer

Wieso kann der reine Fokus auf den Modal Split problematisch sein?

Insbesondere der auf Basis von Wegen errechnete Modal Split kann ein verzerrtes Bild der verkehrlichen Realität zeichnen. Er gibt zwar den Anteil der einzelnen Verkehrsarten an den unternommenen Wegen / Fahrten wieder, sagt jedoch nichts über die Länge der einzelnen Wege aus. Erst über die Kombination des gewählten Verkehrsmittels und der Distanz des Weges lassen sich bspw. Aussagen über das Verkehrsaufkommen, die Unfallwahrscheinlichkeit sowie die Umwelteffekte und den Energiebedarf des Verkehrs treffen.

Während die zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegten Wege häufig nur kurz sind, sind Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem motorisierten Individualverkehr häufig länger. Dies hat folgenden Effekt zur Folge, der am Beispiel von Frankfurt am Main, Osnabrück, Plauen und der südlichen Altmark (Daten jeweils aus SrV 2013) beschrieben werden soll:2

StadtZu FußFahrradMIVÖPVZu FußFahrradMIVÖPV
Frankfurt am Main1,0 Wege/P,d0,4 Wege/P,d0,8 Wege/P,d0,7 Wege/P,d34,2 %14,3 %28,2 %23,3 %
Frankfurt am Main0,8 km/P,d1,3 km/P,d13,7 km/P,d0,8 km/P,d 3,9 %6,3 %66,5 %23,8 %
Osnabrück0,9 Wege/P,d0,7 Wege/P,d1,2 Wege/P,d0,3 Wege/P,d29,0 %
23,0 %39,7 %8,3 %
Osnabrück0,8 km/P,d2,4 km/P,d17,2 km/P,d2,7 km/P,d3,5 %10,4 %74,3 %11,7 %
Plauen1,2 Wege/P,d0,1 Wege/P,d1,4 Wege/P,d0,3 Wege/P,d38,7 %2,1 % 48,0 %11,1 %
Plauen1,1 km/P,d0,3 km/P,d19,8 km/P,d1,5 km/P,d4,9 %1,3 %87,6 %6,6 %
Südliche Altmark0,4 Wege/P,d0,3 Wege/P,d1,1 Wege/P,d0,1 Wege/P,d22,6 %13,9 %56,0 %7,5 %
Südliche Altmark0,6 km/P,d0,6 km/P,d34,4 km/P,d4,8 km/P,d1,5 %1,5 %85,3 %11,9 %

Da die mit Pkw, Zügen, Bussen, Straßenbahnen, etc. zurückgelegte Distanz größer ist als die zu Fuß gegangene oder mit dem Rad gefahrene kommt je nach Bezugsgröße (Wegehäufigkeit der Personen nach den vier Hauptverkehrsmittelgruppen oder spezifische Verkehrsleistung nach den vier Hauptverkehrsmittelgruppen) zu unterschiedlichen Ergebnissen. So kann ein statistischer Rückgang des MIV-Anteils an den Wegen durchaus mit einer Erhöhung der Pkw-Fahrleistung einhergehen. Ein wachsender Anteil des Radverkehrs am Wege-Modal Split muss nicht zwingend bedeuten, dass die positiven Effekte des Radverkehrs auch in entsprechender Größenordnung realisiert werden. Im Rahmen der Förderung des Radverkehrs sollte daher nicht nur dazu animiert werden, mehr Wege mit dem Rad zurückzulegen, sondern auch die Voraussetzungen zu schaffen, die üblicherweise in einem Bereich von vier bis sieben Kilometern liegende Grenze des Reisezeitvorteils des Fahrrads gegenüber dem MIV zu verschieben. Dies bedeutet, dass neben “Komfortführungen” des Radverkehrs über das Nebenstraßennetz auch schnelle und sichere Radfahrten bspw. entlang von Hauptstraßen möglich sein sollten. Ebenfalls sollten ÖPNV-Reisezeiten über eine Optimierung von Umsteigezeiten derart verkürzt werden, dass der ÖPNV auf der Mitteldistanz eine attraktive Alternative zum MIV sein kann. In ländlichen Räumen und im Stadt-Umland-Verkehr kann die Einführung von SPNV-Angeboten und Schnellbuslinien bei guter Einbindung in ein Zubringersystem eine konkurrenzfähigere Reisegeschwindigkeit zur Folge haben. Ähnliche Effekte können Radschnellwege erzeugen.

Zuschnitte: Binnenverkehr und Umlandverkehre

Bei der Einordnung eines Modal Split-Wertes einer Stadt ist zudem wichtig, ob er sich nur auf die Wege / Fahrten innerhalb des Stadtgebiets (Binnenverkehr) oder auch auf Umlandverkehre bezieht. Aufgrund der geringeren Distanzen und der oftmals gebündelter auftretenden Verkehrsströme ist der Anteil des Umweltverbundes bei Einwohnerinnen und Einwohnern einer Stadt oftmals höher. Bezieht man Pendlerinnen und Pendler bzw. Besucherinnen und Besucher aus dem Umland mit ein, steigt der MIV-Anteil oftmals signifikant an. Das Beispiel der Stadt Münster verdeutlicht dies sehr gut:3

Alle Angaben auf Wege bezogen198219821990199020072007
nur EinwohnerEinwohner und Einpendlernur EinwohnerEinwohner und Einpendlernur EinwohnerEinwohner und Einpendler
MIV (Selbstfahrer und Mitfahrer)39,2 %45,7 %38,3 %47,1 %36,3 %47,9 %
zu Fuß25,0 %20,6 %21,2 %16,5 %15,7 %11,6 %
Rad29,2 %24,3 %33,6 %26,5 %37,6 %27,9 %
ÖPNV (inkl. SPNV)6,6 %9,5 %6,6 %9,9 %10,4 %12,7 %

Für die Einordnung einer Entwicklung kann zudem ein Blick auf die absoluten Zahlen interessant und erhellend sein. Auf Basis dieser Zahlen sind eine steigende Gesamtverkehrsmenge und eine Zunahme bspw. von Kfz-Fahrten auch innerhalb Münsters erkennbar. Seit 2007 werden in Münster darüber hinaus mehr Wege mit dem Fahrrad als mit dem Kfz zurückgelegt:

Verkehr in Münster: Münsteraner Verkehr (nur EinwohnerInnen)

 198219821990199020072007
VerkehrsartabsolutModal SplitabsolutModal SplitabsolutModal Split
zu Fuß233.31425,0208.28521,2165.99815,6
Rad272.51129,2333.06033,9400.09737,6
ÖPNV/SPNV61.5956,664.8436,6110.66510,4
Umweltverbund567.42060,8606.18861,7676.76063,6
Kfz365.83630,2376.28938,3387.32836,4
Summe933.256100,0982.477100,01.064.087100,0

Verkehr in Münster: Regionaler Verkehr

Die herausragende Stellung des Pkw im Regionalverkehr hat einen signifikanten Einfluss auf die Münsteraner Verkehrsverhältnisse und das Kfz-Verkehrsaufkommen in Münster. So hat sich das Kfz-Aufkommen aus dem Umland zwischen 1982 und 2007 verdoppelt. Gleichzeitig ist das ÖPNV / SPNV-Aufkommen ebenfalls um knapp 54 % gewachsen. Viele Verkehrsprobleme von Städten wie Parkdruck oder Überlastungen des Straßennetzes haben ihren Ursprung im Umland.

 198219821990199020072007
VerkehrsartabsolutModal SplitabsolutModal SplitabsolutModal Split
zu Fuß00,000,000,0
Rad2.8701,41.7430,600,0
ÖPNV/SPNV46.09022,959.52221,371.03519,1
Umweltverbund48.96024,361.26521,971.03519,1
Kfz152.64975,7218.05978,1300.36180,9
Summe201.609100,0279.324100,0371.395100,0

Verkehr in Münster: Gesamtverkehr

In Münster dominiert trotz der intensiven regionalen Verflechtung der Umweltverbund. Gleichzeitig machte der Umlandverkehr 2007 44 % des Kfz-Verkehrs im Stadtgebiet aus. Verlagerungen auf den Umweltverbund sind somit sowohl innerhalb Münsters wie auch im Stadt-Umland-Verkehr anzustreben.

 198219821990199020072007
Summe1.134.865100,01.261.801100,01.435.483100,0
VerkehrsartabsolutModal SplitabsolutModal SplitabsolutModal Split
zu Fuß233.31420,6208.28516,5165.99811,6
Rad275.38124,3334.80326,5400.09727,9
ÖPNV/SPNV107.6859,5124.3659,9181.70012,7
Umweltverbund616.38054,3667.45352,9747.78452,1
Kfz518.48545,7594.34847,1687.66647,9

Fazit

Der Modal Split kann ein gutes Werkzeug sein, um Veränderungen in der Zusammensetzung des Verkehrs zu erkennen. Er sollte hierbei jedoch richtig interpretiert und hinsichtlich seiner Einschränkungen bewertet werden. Im Idealfall werden nicht nur relative Modal Split-Werte, sondern ebenfalls die der Berechnung zugrunde liegenden Absolutwerte veröffentlicht. Ebenfalls sollten neben den Einwohner-Weg-Modal Split-Angaben auch die verkehrsleistungsbezogene Verkehrsmittelwahlverteilung veröffentlicht und die Unterschiede auch für Laien verständlich beschrieben werden.

Quellen

  1. Kirchhoff, P. 2002: Städtische Verkehrsplanung. Stuttgart: Teubner Verlag
  2. Ahrens, Gerd-Axel et al. 2016: Sonderauswertung zum Forschungsprojekt „Mobilität in Städten – SrV 2013“. Städtevergleich. Aktualisierte Version vom 03.03.2016. Technische Universität Dresden, Tab. 12 und Tab. 13
  3. König, Dietmar: Neuaufstellung des Verkehrsentwicklungsplanes Münster (VEP MS 2025 – Bericht 1. Stufe). Vortrag an der TU Dresden. S. 33-35

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